Der August ist
endlich wieder einmal ein Monat, in dem man aus dem Vollen schöpfen kann:
Gleich drei tolle Science-Fiction-Taschenbücher stehen neu in den Regalen!
Da ist zum Einen der Großmeister des 1. Satzes, Charles Stross, dessen Roman DU BIS TOT
(Heyne, 540 S., ISBN 978-3-453-52687-7) mit einem unglaublichen „Wir
wissen, wo Sie wohnen, wir wissen, welche Schule Ihr Hund besucht“
eröffnet wird. Der Rest ist Near Futre-Web 3.0-Action pur-Spaß und Spiel vom Feinsten.
Und die „Heldin“ trägt den einfallsreichsten Heldinnen-Namen
seit Jahrzehnten: Sue Smith.
Wem das zu profan
klingt, der kann sich in Adam-Troy
Castros SF-Thriller DIE DRITTE KLAUE GOTTES (Bastei-Lübbe,
425 S. ISBN 978-3-404-28541-9) mit den weiteren Abenteuern von Adrea Cort vergnügen, der
ultracoolen intergalaktischen Ermittlerin des Diplomatischen Corps. Das
großformatige Paperback hat diesmal zwar keine kreisförmige
Ausstanzung mehr im Deckel, aber Arndt
„Mr. SF“ Drechsler nutzt den Platz innen und außen auf
der Klappenbroschur zu ein paar extrem schönen Gemälden. „Kunst
am Buch“ darf ja auch mal wieder sein – und sollte in Zeiten, in
denen der „Einheitsbrei“ dominiert, ruhig einmal laut
gewürdigt werden.
Nicht ganz so
aufwendig (aber von Herrn Drechsler immer noch sehr interessant) gestaltet ist
der Einband von China Miévilles mit Spannung erwartetem Roman DIE
STADT & DIE STADT (Bastei Lübbe, 428 S.,
ISBN 978-3-404-24393-8). Der momentan wohl beste englische SF-Autor hat sich
ein absolut faszinierendes Szenario ausgedacht, in dem zwei Städte mitsamt
ihren Einwohnern gleichzeitig an derselben Stelle existieren – und doch
total getrennt sind. Die Menschen werden so konditioniert, dass sie einander
nicht mehr wahrnehmen. Geheimbehörden und Ausnahmegesetze sollen
verhindern, dass die unsichtbaren Grenzen überschritten werden. Doch eines
Tages steht Kommissar Borlú bei seinen
Ermittlungen zu einem Mordfall vor dem Dilemma, dass der Mörder offenbar
aus der „Gegenstadt“ kam – und Borlú
übertritt bei seiner Verfolgung mehr als nur eine Grenze… Das Buch
erhielt bereits einige internationale Preise und wurde gewohnt souverän
von Eva Bauche-Eppers
ins Deutsche übertragen.
Wer nach diesem Lese-Marathon
den Kopf wieder „frei“ bekommen möchte, dem sei das
gleichermaßen schmale wie gehaltvolle Bändchen DER EWIGE ZWEITE
(Mitteldeutscher Verlag, 128 S., ISBN 978-3-89812-732-5) von Gregor Eisenhauer empfohlen. In seiner
„kleinen Typologie des Lesers“ entwirft Eisenhauer in zehn Kapiteln
eine feingeschliffene, hervorragend beobachtete und satirisch
überhöhte „Kritik“ an jenen Menschen, die das von Autoren
Niedergeschriebene und von Verlagen Veröffentlichte seiner Zweckbestimmung
zuführen: an uns Lesenden. Selten hat man so liebevoll einen
„schwarzen“ Spiegel vorgehalten bekommen – und muss dem Manne
auch noch (hin und wieder) Recht geben.
Kapitel VI. Der gelehrte Leser: „Ausgestorben.“
Gregor Eisenhauer –
DER EWIGE ZWEITE. (S. 74)