Rechtzeitig zur Verleihung des hochdotierten »Astrid Lindgren Memorial Awards« an Shaun Tan (überreicht Ende Mai 2011 von der schwedischen Kronprinzessin Victoria während ihres Besuchs der Internationalen Jugendbibliothek in München) veröffentlicht der Hamburger Carlsen Verlag mit DER VOGELKÖNIG UND ANDERE SKIZZEN (ISBN 978-3-551-51759-3) das neueste Werk des frischgebackenen OSCAR-Gewinners. Zwar ist DER VOGELKÖNIG kein Band mit Geschichten, Comics oder einer Graphic Novel, sondern eine Zusammenstellung mit mehr oder weniger ausgearbeiteten Skizzen Tans, doch trotz des vielfach Fragmentarischen und Unfertigen ist ein anregendes und aufregendes Buch daraus geworden. In kurzen Einleitungstexten stellt Shaun Tan sein »poetologisches« Programm eines Künstlers vor, der seine »Striche spazieren führt« (Paul Klee). Auf den meisten der 136 Seiten befindet sich die »Idee« eines Bildes – ausgeführt in Bleistift, mit Farbstiften, Kugelschreiber, auch ein wenig Acryl, Öl und Tusche – in einem Stadium der Fertigstellung irgendwo zwischen »erkennbar« und »warum hat er das denn nicht veröffentlicht?«. Was Tan in den letzten zehn Jahren in seinen Notizbüchern, Sketchbooks und Schreibtischschubladen angesammelt hat, zeigt einen jungen Künstler, der ununterbrochen an seinen Fertigkeiten feilt. Mit DER VOGELKÖNIG ermöglicht er uns einen Blick in seine geheime Werkstatt. Der vorbildlich edierte und liebevoll ausgestattete Band (Halbleinen, Fadenheftung und Lesebändchen) enthält im Anhang exakte Bildbeschreibungen sowie eine Übersetzung der Bildtitel und -inschriften von Eike Schönfeld.
Nach DIE ZUKUNFT IN DER TASCHE (2007) nimmt Rainer Eisfeld nun ABSCHIED VON WELTRAUMOPERN (DvR, ISBN
978-3-940679-47-5). In elf Kommentaren aus 25 Jahren beschäftigt sich
einer der engagiertesten und klügsten deutschsprachigen Kritiker des
Genres mit der »Science Fiction als Zeitbild und Zeitkritik«
(Untertitel). Aufgeteilt in drei Abteilungen finden sich unter anderem Berichte
über die berüchtigten Indizierungsbemühungen der
Bundesprüfstelle gegen Norman Spinrad, Artikel über die Wechselwirkung von
Science Fiction und Drittem Reich (Thea
von Harbou,
Fritz Leiber) sowie informative Nachrufe auf einige der größten
SF-Autoren ihrer Zeit (A. E. van Vogt, Chad Oliver). Unterstützt wird
Eisfeld dabei durch einen Beitrag von Jörg
Weigand und eine Vorbemerkung von Wolfgang
Jeschke. In jeder Zeile des vorliegenden Buches zeigt der Autor, dass
engagierte Liebe zu einem Genre nicht gleichbedeutend ist mit unreflektierter
Hingabe – und dass ein Doktortitel niemanden daran hindert, gut lesbar
über sein Spezialgebiet zu schreiben.
„Dies ist der Job der
Science-Fiction-Autoren: dem Leser die Augen zu öffnen für
historische Abläufe, die über den Tageshorizont unseres Lebens, in
dem die meisten Zeitgenossen ein ptolemäisches Dasein fristen,
hinausführen. Davon ist in diesem Buch die Rede.“
Wolfgang Jeschke – „Vorbemerkung“ (ABSCHIED
VON WELTRAUMOPERN, S. 8)