TEMPORAMORES - Newsletter # 398 - 16.11.2024




KURZMELDUNGEN

Beginnen will ich heute mit dem hübschen Hardcoverbändchen JAGANNATH (Carcosa, ISBN 978-3-910914-22-3), einer Kurzgeschichtensammlung von Karin Tidbeck. Tidbeck, 1977 in Stockholm geboren und heute in Malmö lebend, schreibt auf Schwedisch und Englisch, besuchte einen der berühmten Clarion SF-Writers Workshops und beeindruckte u. a. Ursula K. Le Guin, was sicherlich einer der Gründe war, warum JAGANNATH nun von Hannes Riffel übersetzt auf Deutsch erhältlich ist. Ein weiterer – und sehr guter – Grund sind die Erzählungen selbst. Keine einzige davon erfüllt irgendwelche Erwartungen, jede ist einzigartig und sensationell innovativ. 13 Stories auf 217 Seiten – es gibt viel zu entdecken auf dem Planeten Tidbeck.

Da liegt er nun vor mir, der Riesen-Roman JERUSALEM (Carcosa, ISBN 978-3-910914-20-9), mit dem Alan Moore versucht, alle anderen Riesen-Romane der letzten hundert Jahre zu übertrumpfen. Zumindest was die offensichtlichen Dinge angeht, ist ihm dies auch (fast) gelungen: Die deutsche Ausgabe, hervorragend übersetzt von Hannes Riffel, Andreas Fliedner, Alex »molosovsky« Müller & Ralf Gnosa, hat stattliche 1445 Seiten (die allerdings aufgrund des deutlich größeren Formats umgerechnet mehr als 2000 Normalseiten entsprechen). Gedruckt auf satiniertem Dünndruckpapier hat der Kolos im Format 25 x 18 cm immer noch mehr als 6 cm Rückenbreite und über 2 KG Gewicht. Was bei all diesen Äußerlichkeiten noch fehlt ist eine Inhaltsangabe, aber wie soll ein solches Monumentalwerk denn mit einem Satz erklärt werden. Wenn es so einfach wäre, lohnte sich der Aufwand ja gar nicht. Dass Alan Moore einer der heraus­ragenden Geschichtenerzähler der Gegenwart ist, hat er vielfach bewiesen. Jetzt ist es an der Zeit ihm einfach zu vertrauen und voller Zuversicht auf dieses Wörtermeer hinaus zu segeln – wir treffen uns dann am anderen Ufer wieder und werden an Alter und Weisheit zugenommen haben.

Im Verlag Torsten Low ist unter dem Titel SCIENCE-FICTION ART UND KALENDER­GESCHICHTEN ein querformatiger Monatskalender für 2025 erschienen, herausgegeben von Marianne Labisch und den Illustratoren Uli Bendick und Mario Franke. Die 42 x 30 cm großen Blätter zeigen neben dem Kalendarium jeweils ein Farbbild von Bendick oder Franke und auf der Rückseite je eine Science-Fiction-Story plus eine Schwarzweißgrafik. Die Textbeiträge stammen von Arno Endler, Tom J. Forrester, Veith Kanoder-Brunnel, Marco Rauch, Friedhelm Schneidewind, Rainer Schorm, Johann Seidl, Michael Sperling, Gard Spirlin, Achim Stößer, Michael Tinnefeld, Wolf Welling und Maximilian Wust. Da auch 2025 nur zwölf Monate hat, erklärt sich der 13. Autorenname über die Bonusgeschichte auf der Deckblatt-Rückseite. Bestellungen beim Verlag.


ZITAT

„Ein befreundeter Psychiater, der bei mir einmal zu Gast war, sagte mit Blick auf meine Bücherwän­de: ‚Denis, wovor hast du eigentlich so große Angst, dass die Mauern deines Hauses nicht genügen und du eine zweite Mauer aus Büchern davor errichten musst?‘ Ich war verblüfft über diese Sicht, zum Glück aber schlagfertig genug, um zu antworten: ‚Das sind keine Mauern, das sind Fenster!‘“

Denis Scheck, in: SCHECKS BESTSELLERBIBEL (S. 282)



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