TEMPORAMORES - Newsletter # 181 - 27.2.2012




KURZMELDUNGEN

Zu Beginn gleich zwei Bücher englischsprachiger Autoren, die es vermutlich niemals auf Deutsch geben wird: Der Verlag PM Press, ansässig im kalifornischen Oakland, gibt seit einiger Zeit mit „Outspoken Authors“ eine Reihe heraus, die sich pro Band mit einem/r Science-Fiction-Autor/in befasst. Die schmalen, sehr preiswerten Taschenbücher enthalten jeweils ein oder zwei Originalbeiträge (Essays oder Kurzgeschichten) und ein ausführliches Interview, zumeist geführt von Reihenherausgeber Terry Bisson. Nachdem unter anderem bereits Kim Stanley Robinson, Michael Moorcock und Ursula K. Le Guin vorgestellt wurden, erschien soeben mit THE GREAT BIG BEAUTIFUL TOMORROW (140 S., ISBN 978-1-60486-404-5) ein empfehlens­wertes, hochklassiges Buch von und über Cory Doctorow.

Der amerikanische Bestseller-Autor William Gibson schreibt ja eigentlich nur Romane, seine wenigen Kurzgeschichten füllen kaum mehr als einen Band und noch weniger bekannt ist er als Verfasser von Artikeln, Essays, Vor- und Grußworten. Wenn man jedoch wie Gibson lange genug im Geschäft ist, sammelt sich auch an „Gelegenheits-Schriften“ so einiges an, das es schließlich und endlich auch zwischen zwei Buchdeckel schafft. DISTRUST THAT PARTICULAR FLAVOR (Putnam’s, 255 S., ISBN 978-0-399-15843-8) versammelt 26 solch kurzer Texte aus über zwanzig Jahren schriftstellerischen Schaffens. Gibson erweist sich, wenig überraschend, auch hier als ein herausragender Stilist und scharfsichtiger Beobachter, der seine Leser auf unterhaltsame Weise an seinen Gedanken teilhaben lässt.

Das Warten hat ein Ende: Bei Heyne ist mit BONESHAKER (ISBN 978-3-453-52866-6) jetzt endlich der erste ins Deutsche übersetzte Roman von Cherrie Priest erschienen. Die 1975 in Florida geborene Autorin wird in den USA seit Jahren hoch gelobt und gilt als Ikone des sogenannten „Steampunk“. BONESHAKER spielt in einem Parallelwelt-Amerika, in dem am Ende des 19. Jahrhunderts einige Dinge völlig anders verlaufen sind, als uns die bisherige Geschichtsschreibung glauben machen will. Eine aus dem Ruder gelaufene Erfindung, jener titelgebende „Boneshaker“, hat die Gegend um Seattle in ein unbewohnbares Katastrophengebiet verwandelt. 15 Jahre später suchen der Sohn und die Gattin des verschollenen Erfinders nach den Spuren ihres Familienoberhauptes. Dabei treffen sie auf allerlei genretypisches Gesindel wie gutherzige Revolvermänner, dämliche Gangster, unappetitliche Zombies und – natürlich – clevere Luftpiraten. Denn ohne eine romantische Fahrt in der Gondel eines Heißluftgefährts fehlt einem solchen Buch einfach etwas. Süffig geschriebene, abenteuerliche Unterhaltung, die Lust auf die anstehenden Fortsetzungen macht.


ZITAT

„Dr. Minnerichts Maske wirkte technisch ebenso ausgeklügelt wie Jeremiahs, aber er sah darin weniger aus wie ein mechanisches Wesen als vielmehr wie eine Uhrwerkleiche, deren Stahlschädel von Röhren und Ventilen zusammengehalten wurde.“

Cherrie PriestBONESHAKER (S. 376)




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