Eigentlich war es mehr ein „Verlegenheitskauf“, bzw. die reine
Verzweiflung darüber, dass mir in Punkto Anarchie und Humor seit einiger Zeit
einfach nichts mehr so richtig gefallen wollte – und dann war da noch so ein
Kurzauftritt im TV: jedenfalls legte ich mir kürzlich die beiden Bände DIE
KÄNGURU-CHRONIKEN und DAS KÄNGURU-MANIFEST zu (beide bei Ullstein als
Taschenbuch veröffentlicht). Verfasser ist der Berliner Dichter,
Geschichtenerzähler und Musiker Marc-Uwe
Kling, der in diesen Büchern, in zumeist kurzen Texten, von seinem
Zusammenleben mit dem australischen Säugetier von nebenan erzählt, das seit
einiger Zeit bei ihm wohnt. Das Känguru ist ein
marxistisch-leninistisch-anarchistischer Antikapitalist, faulheitsgesteuerter
„Not-to-do-Listen“-Schreiber und ideenreicher Chaoserzeuger, zudem schleppt es
in den unergründlichen Tiefen seines Beutels, neben Boxhandschuhen und diversen
Gebrauchsgegenständen auch das unveröffentlichte Manuskript seines
philosophischen Hauptwerks mit sich herum – aus dem es dann auch immer wieder
ausgiebig zitiert. Aus den ein- bis anderthalbseitigen Snapshots des ersten
Bandes werden im Verlauf des zweiten langsam drei- bis fünfseitige Stories,
wobei Kling sich zwischendurch sogar zur einen oder anderen „richtigen“
Geschichte hinreißen lässt. Unvergesslich wird für jeden Leser der nächtliche
„Betriebsausflug“ des „a-sozialen Netzwerks“ in einem Bus der Berliner
Verkehrsbetriebe durch die verwaisten Straßen der Hauptstadt bleiben – ebenso
wie die „Anti-Terror-Anschläge“, die deren Mitglieder auf Anregung eines
gewissen Beuteltiers mehr oder weniger erfolgreich ausführen. Klings
KÄNGURU-Bücher als einfach nur „lustig“ zu bezeichnen ist
„Extrem-Understatement“ – aber die Suche nach einer passenderen Bezeichnung
überlasse ich gerne anderen. Ich versuche derweil, den Punkt 231 meiner eigenen
Not-to-do-Liste zu befolgen und in der Wartezeit auf den immer noch im
Entstehen befindlichen dritten Band – DIE KÄNGURU-OFFENBARUNG – nicht völlig zu
verzweifeln.
Eigentlich sollte es an dieser Stelle ja gar nicht mehr nötig sein, aber
falls es doch noch Menschen gibt, die kein phantastisch!-Abo
haben: Die Ausgabe No. 47 von phantastisch!
neues aus anderen welten ist im Juli 2012 erschienen (www.phantastisch.net). Erstmals im
ATLANTIS-Verlag, erstmals komplett in Farbe – und wie immer mit einem überzeugend hochwertigen Text- und Bildmaterial:
Großartige Nachrufe auf Hanns Kneifel
und Moebius, tolle Interviews,
Artikel über die SF-Jugendbücher von Rolf
Ulrici und die Phantastik-Szene in Mainfranken, Berichte über abseitige
Filme und noch abseitigeres SF-Spielzeug, eine Kurzgeschichte, ein Comic, viele
Rezensionen. Neu-Verleger Guido Latz
und Alt-Chef-Redakteur Klaus Bollhöfener
geben dem Magazin einen deutlichen Schub in Richtung Zukunft – wozu nun
auch eine e-Paper-Ausgabe gehört.
„Not-to-do-Liste Punkt 68. Wenn eine Mutti aus Sachsen sagt: »Mein Söhn will Arschöölöge werden«, sagen: »Das heißt Proktologe.«“
Marc-Uwe Kling – DAS
KÄNGURU-MANIFEST (S. 61)