TEMPORAMORES - Newsletter # 189 - 22.8.2012




KURZMELDUNGEN

Einen Höhepunkt des diesjährigen Verlagsprogramms bei DvR stellt die Veröffentlichung von August Niemanns Planetenroman AETHERIO (ISBN 978-3-940679-66-6, 171 Seiten) dar, der erstmals seit 1909 wieder erhältlich ist. Bei diesem Titel handelt es sich um einen der seltensten Vorkriegs-SF-Romane. Niemann (1839 – 1919) wurde bekannt als Verfasser abenteuerlicher Jugendbücher. Nach einem Abstecher in die Kriegsutopie (DER WELTKRIEG, 1904) widmete er sich fünf Jahre später mit AETHERIO dem Zukunftsroman, allerdings mit einem deutlichen Augenzwinkern. Aus einem zukünftigen Berlin flieht eine verwöhnte Prinzessin mit ihrem Leibarzt, einem genialen Erfinder und einem Diener vor ihrem Oheim in den Weltraum – und zwar mittels des „Aetherios“, eines kristallförmigen Schiffes aus Wasserstoffgas. Nach einem enttäuschenden Besuch auf dem Mond, sind Venus, Saturn und Mars (und später dann noch das Innere der Erde) dran … Um das Buch für heutige Leser in der Genregeschichte zu verorten, steuerte Franz Rottensteiner einen kurzen Essay als Nachwort bei. Von Rottensteiner wird Niemanns Buch in eine Reihe mit Wilhelm Maders WUNDERWELTEN (1911) gestellt, dem anderen (und wesentlich erfolgreicheren) Science-Fiction-Märchen der damaligen Zeit. Seinem Fazit, der Roman sei „ein kurioses Produkt, eine flotte Space Opera, die vor allem durch die Dreistigkeit besticht, mit der sich der Autor über alle physikalischen Gesetze und astronomischen Kenntnisse hinwegsetzt“, ist zuzustimmen. Allen zeittypischen Schwächen zum Trotz ist AETHERIO eine immer noch lesenswerte Lektüre.

Die Regelmäßigkeit, mit der China Miéville immer wieder neue, außergewöhnliche Romane vorlegt, ist manchmal fast erschreckend. Anfang des Monats erschien bei Bastei-Lübbe mit STADT DER FREMDEN (ISBN 978-3-404-20679-7, 430 S.) sein aktuelles Buch. Erneut wechselt Miéville seine Erzählperspektive und nimmt seine Leser mit in eine ferne Zukunft und auf einen abgelegenen Planeten. Auf dieser Welt lebt eine der faszinierendsten Rassen des Universums. Die Menschen haben dort mit Erlaubnis ihrer „Gastgeber“ eine Botschafts-Stadt errichtet, deren Bewohner sich aus Menschen und Angehörigen diverser Alien-Rassen zusammensetzt, die aus den unterschiedlichsten Gründen versuchen, die einzigartige Sprache der Ureinwohner zu erlernen. Erzählt aus der Sicht einer Raumschiff-Navigatorin, die ein besonderes Verhältnis zu den Gastgebern hat, zieht die hochkomplexe Geschichte um Liebe, Lüge und Leidenschaften den Miéville-Fan von Beginn an in ihren Bann. Als Übersetzer wird Arno Hoven genannt, der sich recht brav bemüht.



ZITAT

„Wenig später vereinigten der Lord und die Agentin ihre Geschlechter. Yolanda wollte auf ihn steigen, doch Wedderburn dirigierte sie rücklings auf das Kanapee, schob ihre Beine beiseite und drang dann hektisch, als würde man ihn anpeitschen, in sie ein. Sie stöhnte auf, und der Earl begann, wie ein Kolben in ihr zu arbeiten.“

Thomas Neumeier – „Die Secret Intelligence Ihrer Majestät“

(in: Alischa Bionda (Hrsg.) – DER RITT AUF DER MASCHINE, Fabylon)




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