Erfreulich schnell reagiert hat der Arena Verlag und so lag bereits
zum Frühlingsanfang das neue Jugendbuch von Neil Gaiman in den Regalen der Buchhandlungen, um von dort in die
Osternester der kleinen Leseratten zu wandern: Aus FORTUNATELY, THE MILK (vgl. den
Newsletter Nr. 208) wurde der Bandwurmtitel DIE VERRÜCKTE BALLONFAHRT MIT PROFESSOR
STEGOS TOTAL-LOCKER-IN-DER-ZEIT-HERUMREISEMASCHINE (ISBN 978-3-401-60013-0),
aber ansonsten haben Verlag und Übersetzerin Ursula Höfker ganze Arbeit geleistet und ein wunderhübsches Buch
mit 160 spannenden, lustigen und äußerst unterhaltsamen Seiten geschaffen, dem
die Illustrationen von Chris Riddell
und ein Glitzercover das „besondere Etwas“ verleihen.
Sicherlich liegt es auch an den persönlichen Vorlieben, aber
trotzdem ist es erstaunlich, dass fast jeden Monat ein Comic oder eine Graphic
Novel erscheinen, die mich total begeistern. Im März war dies DAS IMPERIUM DES
ATOMS (Carlsen, ISBN 978-3-551-75754-8), ein Retro-Science-Fiction-Titel des
belgisch-französischen Duos Thiery
Smolderen (Text) und Alexandre
Clérisse (Bilder), in dem äußerst liebevoll und geschickt das Golden Age
der amerikanischen SF heraufbeschworen wird. Die Geschichte der Protagonisten
lehnt sich halbdokumentarisch am Lebenslauf von Paul Linebarger an, der unter dem Pseudonym Cordwainer Smith einige der eindrucksvollsten Kurzgeschichten des
Genres verfasst hat. Was er allerdings alles in DAS IMPERIUM DES ATOMS erleben
darf, hätte wohl auch er selbst äußerst erstaunlich und faszinierend gefunden.
Neben diesem erzählerischen Kabinettstückchen stehen gleichwertig die Bilder,
in denen mit beeindruckender Qualität die Architektur und das futuristische
Alltags-Design der 1950er Jahre eingefangen sind. So schwelgt man beim Lesen
der Story und beim Betrachten der Zeichnungen in Erinnerungen an eine Zeit, in
der die Zukunft noch vor uns lag.
Für Kurzgeschichtenleser erschienen in den letzten Wochen gleich
zwei Bände, in die es sich zu blicken lohnt: Der Horror-Fan darf zu Markus K. Korbs DER STRUWWELPETER-CODE
(Blitz, ISBN 978-3-89840-395-5) greifen, in dem auf 220 Seiten 14 kürzere und eine
sehr lange Erzählung gesammelt sind, die den Autor als legitimen Erben der
großen deutschen Phantasten der Weimarer Republik zeigen. Vor allem die
Titelgeschichte gehört zu den faszinierendsten Texten der letzten Zeit.
Und mit FLÜSTERASPHALT (Begedia, ISBN
978-3-943795-82-0) legt das Science-Fiction Urgestein
Horst Pukallus ein schön
aufgemachtes (Cover von Helmut Wenske,
Nachwort von Michael Iwoleit)
Hardcoverbändchen vor. Die sieben Geschichten sind in den Jahren nach der
Jahrtausendwende entstanden und reichen inhaltlich von Near-Future-Sozialkritik
bis zur psychologisch ausgereiften Space Opera. Sehr empfehlenswert!
„Es ist eine der Aufgaben des Künstlers, boshaft zu sein!“
Arno Schmidt – Bargfelder Ausgabe, Band
II.1, S. 259