TEMPORAMORES - Newsletter # 235 - 21.6.2015




KURZMELDUNGEN

So, es ist also geschafft! Der im Newsletter 216 vorgestellte Band VERLORENE PARADIESE von Ursula K. Le Guin hat bei der Vergabe der Kurd-Laßwitz-Preise ordentlich abgeräumt. Da gab es zum einen den Preis als „Bestes ausländisches Werk zur SF 2014“ (und das gegen starke Konkurrenten wie Iain Banks, Dave Eggers, Jeff VanderMeer oder Andy Weir!) und dann auch noch den Preis für die „Beste Übersetzung zur SF ins Deutsche“ für Horst Illmer. Das Buch ist im Atlantis Verlag erschienen und natürlich immer noch lieferbar (sowohl als Soft- wie als Hardcover). Wer also noch ein Weihnachtsgeschenk braucht – nix wie los in die nächste Buchhandlung Ihres Vertrauens.

 

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Ausgelöst durch die diversen Todesfälle und „Freudigen Ereignisse“ der letzten Tage, kamen die Neueingänge im „Bücherhorst“ etwas zu kurz, deshalb hier eine etwas umfangreichere Liste mit wunderschönen, großartigen, lesens-, betrachtens- und überhaupt empfehlenswerten Titeln:

Der kroatisch-deutsch-amerikanische Comiczeichner Tomas Bunk (bekannt aus MAD und jeder Menge U-Comix) hat beim diesjährigen Comicfestival München den PENG!-Preis für sein Lebenswerk erhalten. Gerade noch rechtzeitig wurde dazu ein „Wende-Comic“ bei Comicplus+ veröffentlicht, der unter dem Titel VON BERLIN NACH NEW YORK (ISBN 978-3-89474-277-5) zwei autobiographische Geschichten enthält, die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 2008 bzw. 2014 als Tagesstrips erschienen. Es mag vielleicht etwas übertrieben sein, wenn man Bunk als die deutsche Antwort auf Robert Crumb und Art Spiegelman bezeichnet – aber die hier vorgelegten, hervorragend wiedergegebenen und teilweise kolorierten Tuschezeichnungen lassen schon erkennen, warum Bunk ein festes Mitglied der MAD-Mannschaft wurde.

Die Kollegen bei EXODUS, dem Magazin für Science Fiction Stories & phantastische Grafik, haben anscheinend zu viel Energie (oder Kohle, oder Zeit usw.) zur Verfügung, denn noch bevor bekannt wurde, dass auch bei ihnen der Postmann zweimal klingelte und Kurd-Laßwitz-Preise überreichte (für Fabian Tomaschek, der für die „Beste Kurzgeschichte“ ausgezeichnet wurde und für René Moreau, Heinz Wipperfürth und Olaf Kemmler, die den „Sonderpreis für langjährige herausragende Leistungen“ erhielten), veröffentlichten sie die „reloaded“-Edition der EXODUS-Ausgabe 24, die erstmals 2008 erschienen war. Nicht nur, dass sie den Bildteil mit den tollen Malereien von Gabriele L. Berndt erweiterten, nein, auch bei den Kurzgeschichten wurde „nachgebessert“. Die „neue“ EXODUS 24 mit jetzt 112 Seiten Umfang kann ab sofort bestellt werden und sollte die Wartezeit bis zum nächsten „offiziellen“ Heft (Ausgabe 33) überbrücken.

Da war doch noch was, da fehlte doch noch ein Buch. Ach ja, die alljährliche Sammlung von Kurzgeschichten unseres local hero Markus K. Korb stand noch aus. Da sei aber LUZIFER vor! Dort (im gleichnamigen Verlag) erschien soeben der Band AMERIKKAN GOTIK (und ich scheue mich nicht, ein „sic!“ hinter diesen Titel zu setzen, noch vor die ISBN 978-3-95835-058-8), in dem neun neue Geschichten „aus dem dunklen Herzen Amerikas“ darauf warten, von neugierigen, unerschrockenen, gänsehautsüchtigen Korb-Fans gelesen zu werden. Das Buch hat einen Umfang von 240 Seiten, wurde von Peter Davey illustriert, mit einem Vorwort von Michael Dissieux versehen und mit einem Nachwort plus Danksagung des Autors abgeschlossen. Eine „runde Sache“ eben.

Das immer wieder – und momentan ganz besonders – aktuelle Thema des Wettrüstens und der teilweise dramatischen Folgen desselben war Thema eines zweiteiligen Heftromans von Paul Alfred Müller, erschienen 1962 unter dem Pseudonym Freder van Holk mit dem Titel DER KRIEG, DEN KEINER WOLLTE als Utopia-Großband 164 (Teil 1 & 2). In der Reihe „Werke in Neuausgaben“ veröffentlichte DvR den Zukunftsroman jetzt in einer kartonierten Ausgabe (ISBN 978-3-940679-99-4, 185 Seiten), wie immer reich bebildert und vorbildlich kommentiert vom Reihenherausgeber Heinz J. Galle.

Die „Klassiker“ werden auch immer jünger. Bei Eichborn pflegt man jedenfalls das Portfolio des Bestseller-Autoren Neil Gaiman (DER OZEAN AM ENDE DER STRASSE) mit der Neu-Edition seines 2001 bei Heyne erschienenen Romans AMERICAN GODS (ISBN 978-3-8479-0587-5) in einer von Hannes Riffel neu übersetzten „Director’s Cut“-Version. Laut Vorwort von Gaiman wurde sein Manuskript damals um einige Seiten gekürzt, die er für diese Ausgabe wieder einfügte. Wer das Buch also noch nicht kennt (oder wer nachlesen mag, wo die frühere Version abweicht), kann sich Gaimans phantastischen Roman über die Wiederkehr der alten Götter im modernen Amerika, und wie sie dort empfangen werden, jetzt in dieser preiswerten, 670 Seiten umfassenden Klappenbroschur reinziehen.

Ein wenig „fremdsprachlich“ wird es nun auch noch – aber die soeben in der Londoner Folio Society vorgelegte Ausgabe von Philip K. Dicks Meisterwerk THE MAN IN THE HIGH CASTLE (ohne ISBN, for Members only) muss einfach noch erwähnt werden. Dieser Roman Dicks ist ja tatsächlich ein echter Klassiker der Science Fiction und verdient es, zwischen den Büchern von Ray Bradbury, Aldous Huxley, George Orwell und J. R. R. Tolkien einen Platz zu erhalten. Die Ausstattung ist grandios: Neben einem neuen Vorwort von Ursula K. Le Guin zieren acht ganzseitige Farbbilder von SHOTOPOP den Text, der Leinenband hat eine silber-geprägte Deckelillustration und steckt in einem illustrierten Papp-Schuber. Von solchen Klassiker-Ausgaben kann man hierzulande halt nur träumen.

Eigentlich bin ich ja nicht besonders anfällig für das eifersüchtige Schauen auf anderer Leute Sammlungen, aber bereits beim ersten Blick in DIE KUNST DES COMIC-SAMMELNS (ISBN 978-3-901753-80-0, 280 S.) war ich doch etwas neidisch. In dem von Alex Jakubowski (Text) und Sandra Mann (Fotos) zusammengestellten und in der Edition Lammerhuber veröffentlichten großformatigen Band werden fünfzehn deutsche Comic-Sammler mit ihrem außergewöhnlichen Steckenpferd in Wort – und vor allem im Bild – vorgestellt. Der TV-Journalist Jakubowski, selbst begeisterter Comic-Leser, wollte in DIE KUNST DES COMIC-SAMMELNS bewusst nicht die „größte“ Sammlung (be-)suchen (die hat eh Wimbledon Green), sondern ein möglichst breites Spektrum vorführen. Dies ist ihm mit der Auswahl der Sammler vorzüglich gelungen. Fast jeder hat ein anderes Spezialgebiet, sammelt aus jeweils anderen Gründen (obwohl in den erstaunlich offenen Gesprächsprotokollen auch viele Gemeinsamkeiten auftauchen), hat andere familiäre Rücksichten zu nehmen, oder – was besonders beim Fürsten von Sayn-Wittgenstein hervortritt – andere finanzielle Möglichkeiten. In diesem Buch erfährt man sehr viel über das Sammeln (nicht nur von Comics), und die mehr als einhundert Bilder geben einen gelungenen Einblick in die immer wieder überraschende Ästhetik einer wohlgepflegten Sammlung.



ZITAT

„People are always asking me What Books Influenced You? — a question I hate, because it’s the same problem as A Book That Changed Your Life. What books didn’t influence me?

If only someone would ask that! I’ve been waiting for years to answer it. Atlas Shrugged, by Ayn Rand, I will say, had absolutely no influence on me except to cause hours of incredulous boredom. I thought in all fairness I ought to try The Fountainhead. I gave up on page 10.“

Ursula K. Le Guin – A Book that Changed My Life. (Blogeintrag vom 15. Juni 2015)

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