TEMPORAMORES - Newsletter # 238 - 25.8.2015




KURZMELDUNGEN

Ähnlich wie früher Plattenfirmen die Zeit zwischen zwei neuen Alben ihrer Musiker mit „Best of“-Samplern zu füllen wussten, veröffentlichen Verlage gerne Kurzgeschichtensammlungen von Roman-Autoren. Dabei kann es jedoch immer wieder zu Enttäuschungen kommen, wenn die Erwartungen der Leser und die vorgelegten Kurztexte nicht in Einklang stehen. Nachdem China Miéville in seiner vor Jahren erschienenen ersten Collection LOOKING FOR JAKE & OTHER STORIES (2005, dt. 2007 als ANDERE HIMMEL) diesem Problem nicht ausweichen konnte, durfte man gespannt sein, wie er es in THREE MOMENTS OF AN EXPLOSION: STORIES (McMillan/UK und Del Rey/USA) angehen würde. Die 28 Geschichten auf 431 Seiten lassen breiten Raum für Erwartungen und ihre Erfüllung – und man merkt selbst in den schwächeren Texten, dass hier ein älterer, reiferer, besserer Miéville erzählt, ein Autor, der sich stetig weiterentwickelt, der über die Welt nachdenkt, der die Erwartungshaltungen seiner Leser kennt, sie aber nicht als Richtlinie für sein Schreiben anlegt. Insgesamt kommt man mit diesem Buch besser zurecht als mit der ersten Sammlung, was vor allem am exzellenten Stil und am überall aufscheinenden (schwarzen) Humor des Autors liegt. Sicherlich wird jede/r Leser/in andere Lieblingsgeschichten finden – und andere Stories für „unmöglich“ halten –, aber diesmal ist der „Wow“-Effekt sehr groß, während der Enttäuschungsfaktor gegen Null geht. Hoffentlich sieht man auch bei Heyne ein, dass die Lücke zwischen DAS GLEISMEER und dem nächsten „großen Roman“ Miévilles gefüllt werden muss – da passte THREE MOMENTS OF AN EXPLOSION doch perfekt rein.

Das ging ja schnell! Kurz nach dem „HUGO“-Band (vgl. NL # 231) legt Hardy Kettlitz bereits ein neues Buch vor. Diesmal beschäftigt er sich mit EDMOND HAMILTON – AUTOR VON CAPTAIN FUTURE (Memoranda, ISBN 978-3-944720-77-7, 206 S., Klappenbroschur), einem der Altmeister aus dem goldenen Zeitalter der frühen amerikanischen Science Fiction. Dabei ist der „Captain Future“-Bezug natürlich nur ein Aufhänger zu der seit einigen Jahren bei Golkonda erscheinenden CAPTAIN FUTURE-Werkausgabe, schließlich hat der 1904 geborene Edmond Hamilton zwischen 1926 und seinem Tod 1977 mehr als dreißig Romane und hunderte von Kurzgeschichten geschrieben. Wie nicht anders zu erwarten, stellt das reich bebilderte Sachbuch eine wahre Fundgrube dar, bringt den Autor und Menschen Hamilton plastisch vors Leserauge und spart nicht mit lesenswerten Geschichten aus der Frühzeit der „Space Opera“. Als Bonus-Material gibt es einen „Hinter den Kulissen“-Artikel von Hamilton selbst, ein Interview mit Patrick Nielsen Hayden sowie einen Essay von Dietmar Dath. Und natürlich passt auch noch das einem Pulp-Magazin entlehnte Umschlagbild zum hervorragenden Gesamteindruck, den EDMOND HAMILTON – AUTOR VON CAPTAIN FUTURE hinterlässt.



ZITAT

But my favourite of all these tales is “The Rules”, two and a half pages long. Read it. You won’t regret it, or forget it.“

Ursula K. Le Guin – Rezension: C. M. – THREE MOMENTS OF AN EXPLOSION, in: THE GUARDIAN.

The Guardian



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