Ähnlich wie früher Plattenfirmen die Zeit zwischen zwei neuen
Alben ihrer Musiker mit „Best of“-Samplern zu füllen wussten, veröffentlichen
Verlage gerne Kurzgeschichtensammlungen von Roman-Autoren. Dabei kann es jedoch
immer wieder zu Enttäuschungen kommen, wenn die Erwartungen der Leser und die
vorgelegten Kurztexte nicht in Einklang stehen. Nachdem China Miéville in seiner vor Jahren erschienenen ersten Collection
LOOKING FOR JAKE & OTHER STORIES (2005, dt. 2007 als ANDERE HIMMEL) diesem
Problem nicht ausweichen konnte, durfte man gespannt sein, wie er es in THREE
MOMENTS OF AN EXPLOSION: STORIES (McMillan/UK und Del Rey/USA) angehen würde.
Die 28 Geschichten auf 431 Seiten lassen breiten Raum für Erwartungen und ihre
Erfüllung – und man merkt selbst in den schwächeren Texten, dass hier ein
älterer, reiferer, besserer Miéville erzählt, ein Autor, der sich stetig
weiterentwickelt, der über die Welt nachdenkt, der die Erwartungshaltungen
seiner Leser kennt, sie aber nicht als Richtlinie für sein Schreiben anlegt.
Insgesamt kommt man mit diesem Buch besser zurecht als mit der ersten Sammlung,
was vor allem am exzellenten Stil und am überall aufscheinenden (schwarzen)
Humor des Autors liegt. Sicherlich wird jede/r Leser/in andere Lieblingsgeschichten
finden – und andere Stories für „unmöglich“ halten –, aber diesmal ist der
„Wow“-Effekt sehr groß, während der Enttäuschungsfaktor gegen Null geht.
Hoffentlich sieht man auch bei Heyne ein, dass die Lücke zwischen DAS GLEISMEER
und dem nächsten „großen Roman“ Miévilles gefüllt werden muss – da passte THREE
MOMENTS OF AN EXPLOSION doch perfekt rein.
Das ging ja schnell! Kurz nach dem
„HUGO“-Band (vgl. NL # 231) legt Hardy Kettlitz
bereits ein neues Buch vor. Diesmal beschäftigt er sich mit EDMOND HAMILTON –
AUTOR VON CAPTAIN FUTURE (Memoranda, ISBN 978-3-944720-77-7, 206 S.,
Klappenbroschur), einem der Altmeister aus dem goldenen Zeitalter der frühen
amerikanischen Science Fiction. Dabei ist der „Captain Future“-Bezug natürlich
nur ein Aufhänger zu der seit einigen Jahren bei Golkonda erscheinenden CAPTAIN
FUTURE-Werkausgabe, schließlich hat der 1904 geborene Edmond Hamilton
zwischen 1926 und seinem Tod 1977 mehr als dreißig Romane und hunderte von
Kurzgeschichten geschrieben. Wie nicht anders zu erwarten, stellt das reich
bebilderte Sachbuch eine wahre Fundgrube dar, bringt den Autor und Menschen
Hamilton plastisch vors Leserauge und spart nicht mit lesenswerten Geschichten
aus der Frühzeit der „Space Opera“. Als Bonus-Material gibt es einen „Hinter
den Kulissen“-Artikel von Hamilton selbst, ein Interview mit Patrick Nielsen
Hayden sowie einen Essay von Dietmar Dath.
Und natürlich passt auch noch das einem Pulp-Magazin entlehnte Umschlagbild zum
hervorragenden Gesamteindruck, den EDMOND HAMILTON – AUTOR VON CAPTAIN FUTURE
hinterlässt.
„But my favourite of all these tales is “The
Rules”, two and a half pages long. Read it. You won’t regret it, or forget it.“
Ursula K. Le Guin –
Rezension: C. M. – THREE MOMENTS OF AN EXPLOSION, in: THE GUARDIAN.