TEMPORAMORES - Newsletter # 248 - 18.3.2016




KURZMELDUNGEN

Die 1961 in Hamburg geborene Karen Duve gehört zur Gruppe der jungen deutschsprachigen Autorinnen, die zum Beginn des 21. Jahrhunderts den hiesigen Literaturbetrieb ordentlich aufmischten. Neben Büchern wie REGENROMAN (1999) und TAXI (2008, im letzten Jahr als Film in den Kinos) schrieb sie auch den 2005 erschienen Fantasyroman DIE ENTFÜHRTE PRINZESSIN. Jetzt wagt sie sich mit MACHT (ISBN 978-3-86971-008-2, Galiani Berlin, 410 Seiten) auf das Gebiet des dystopischen Zukunftsromans. 2031, also in fünfzehn Jahren sieht es ziemlich düster aus in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt. Heute schon erkennbare Probleme haben sich zu echten Katastrophen weiterentwickelt – und dann sind auch noch die Frauen an der Macht. Der Anti-Held des Buches, Sebastian, allerdings „wehrt“ sich auf recht drastische Weise gegen die, seiner Meinung nach, ungerechte Bevormundung, die Fleischessen und Autofahren zu fast unerschwinglichen „Luxustätigkeiten“ macht. Vor allem bei der etablierten Literaturkritik stieß Duves Roman auf Unverständnis: Ist das jetzt echt so gemeint; wo bleibt den da der Humor; darf ein Mann so mit einer Frau umgehen; usw.??? Ein Roman, der polarisiert – und schon deshalb wert, dass man/frau sich eine eigene Meinung bildet.

Ähnliche Fragen wie bei Frau Duve mag sich der Leser auch bei ALLES AUSSER IRDISCH (ISBN 978-3-87134-815-0, Rowohlt, 367 Seiten), dem ersten Science-Fiction-Roman von Horst Evers, stellen. Allerdings kann man sich bei Evers (gelernter Germanist, Taxifahrer und Paketzusteller, im „Nebenberuf“ Satiriker und Kabarettist) relativ sicher sein, dass kaum etwas „echt so“ gemeint ist – und vor allem, dass man nach dem Humor nicht lange suchen muss. In einer weit entfernten Zukunft – am Tag der Eröffnung des Berliner Hauptstadtflughafens – landet ein fremdes Raumschiff mitten in Berlin und damit beginnt für Goiko und Kara ein aufregendes Abenteuer, das sie in die Weiten des Weltraums und die Tiefen der Zeit führt. Am Ende finden sich dann Antworten für alle noch offenen Fragen, außer der, wann der BER denn nun eröffnet wird.

Bei Thea Dorn wird es schon bei der Schubladen-Zuordnung schwierig: Historischer Roman, Zeitkritik, Gothic Novel oder Science Fiction? Mit einiger Berechtigung kann man ihren neuen Roman DIE UNGLÜCKSELIGEN (ISBN 978-3-8135-0598-6, Knaus, 555 Seiten) für jedes dieser Genres reklamieren – am Ende bleibt’s ein Schelmenstück, das sich diesen Labels klug entzieht und einfach sprachverliebt drauflosfabuliert. Frau Dorns Wechsel von der Kritikerin zur Geschichtenerzählerin darf als geglückt angesehen werden.



ZITAT

„Allerdings ließ sich die Erde nur mit großer Mühe wiedererkennen. Es herrschte Hitze. Die Außentemperatur in Berlin im Januar lag bei fünfzig Grad im Schatten. Die Menschen trugen Kleidung, die aussah wie modische Taucheranzüge in fröhlichen Farben. Dazu recht große, auffällige Kopfhörer und knallig-grelle Sonnenbrillen mit runden Gläsern. Eigentlich sahen sie aus wie Stubenfliegen ohne Flügel, aber dafür in Bunt.“

Horst Evers – ALLES AUSSER IRDISCH (S. 259)



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