Der
1976 geborene Schotte Tom Gauld
gehört zwar zur ersten Garde international bekannter und gefragter Cartoonisten
und Illustratoren, aber weder die 1960er Jahre noch die damalige
Raum-fahrtbegeisterung hat er miterlebt. Umso frappierender ist der perfekt
eingefangene Zeitgeist der APOLLO-Mondlandungen und der damit einhergehenden Pläne
zur Besiedlung des Erdtrabanten, den Gauld in MOONCOP (Drawn & Quarterly,
ISBN 978-1-77046-254-0, 96 S.) präsentiert. In seiner zweiten Graphic Novel
beschreibt er den Alltag eines (des einzigen) Polizisten, der in der letzten
Stadt auf dem Mond für Ruhe und Ordnung sorgt. Allerdings kommt seine
100-Prozent-Erfolgsquote daher, dass keine Verbrechen (mehr) passieren. Auf
eines allerdings ist Verlass: Die Bürokratie treibt auch fern der Erde ihre
Blüten. Gleichzeitig mit dem Rückflug der letzten Siedler, baut man ein neues
komfortables Lunar-Cafe auf (inklusive weiblicher Bedienung). Damit ist die
Zahl der Menschen auf dem Mond exakt 2. In wundervoll melancholischen Bildern
und mit großartigem Humor erzählt Tom Gauld diese zeitlose Geschichte, die
zugleich auch eine Hommage an Ray
Bradbury und seine MARSCHRONIKEN ist.
DAS SCIENCE FICTION JAHR 2016 (Golkonda, ISBN 978-3-944720-97-5,
670 S.) zu besprechen, stellt den Rezensenten kurz vor die Frage: Langweilig
oder eine Herausforderung? Allerdings reicht dann, wie immer in den letzten
einunddreißig Jahren, bereits der Blick ins Inhaltsverzeichnis, um die Lage zu
klären: Keine Langeweile! Und die Herausforderung liegt wie jedes Mal nur
darin, mit der Flut an Informationen fertig zu werden, die Hannes Riffel und Sascha
Mamczak als Herausgeber zusammengetragen haben: Der Science-Fiction-Autor David Brin schreibt über das vergangene
Jahr 2015 als „das beste Weltraum-Jahr aller Zeiten“. Der
Literaturwissenschaftler John Rieder
versucht sich an einer neuen, umfassend gültigen Gattungsdefinition der Science
Fiction. Der Wiener Datensammler Christian
Pree hat eine knapp einhundert Seiten starke Bibliografie der im
vergangenen Berichtszeitraum erschienenen SF-Titel erstellt. Elisabeth Bösl hat Dmitry Glukhovsky interviewt. Christian
Endres hat sich alle (!) phantastischen TV-Serien für uns angeschaut. Ralph Sander hat nochmals das STAR
TREK-Universum besucht, was sich ebenso dessen 50-jährigem Bestehen verdankt,
wie Michael-Lothar Höflers Bericht
über den deutschen Widerpart RAUMPATROUILLE. Und so weiter, et cetera, bis fast ad inifinitum … Aber wie immer haben wir ja ein ganzes Jahr Zeit,
bis zum nächsten, dann zweiunddreißigsten, SCIENCE FICTION JAHR. Auf dessen
Erscheinen wir dann doch wieder sehnsüchtig warten.
„Um es anders
auszudrücken: Die Behauptung, dass SF »all das, wonach wir Ausschau halten,
wenn wir nach Science Fiction Ausschau halten« sei, ist nicht sehr
aussagekräftig, wenn »wir« nicht wissen, wer »wir« sind und warum »wir« nach
Science Fiction Ausschau halten.“
John Rieder – „Zur
Definition von SF“; in: DAS SCIENCE FICTION JAHR 2016 (S. 30)