Kinder, wie die Zeit vergeht! Jetzt ist es auch schon wieder
siebzig Jahre her, dass der englische „Erfinder“ der Science Fiction, Mister H. G. Wells, verstorben ist. Da nach
dieser Frist das internationale Copyright erlischt, nahmen gleich mehrere
Verlage die Gelegenheit wahr und brachten einen ganzen Schwung von
Neuübersetzungen bzw. Neuinterpretationen bekannter Wells-Titel heraus.
Die originellste Variante ist die im Berliner Egmont Verlag
erschienene Graphic Novel DER KRIEG DER WELTEN (ISBN 978-3-7704-5522-5, 138
Seiten, Hardcover), bei der Adaption, Text und Zeichnungen von Thilo
Krapp stammen. Der in Berlin lebende Illustrator und Comic-Zeichner wurde
bereits als Jugendlicher durch die berühmte Hörspiel-Fassung des Romans zum
Wells- (und Welles-)Fan und hat seither auf eine Gelegenheit gehofft, dieses
Werk graphisch umzusetzen. Seine stark am Jugendstil orientierte Arbeit
erscheint mir jedenfalls sehr gelungen.
Im
Frankfurter Fischer Taschenbuch Verlag nahm man gleich zwei Wells-Bücher in die
Reihe „Fischer Klassik“ auf: Neben dem bereits erwähnten DER KRIEG DER WELTEN
(ISBN 978-3-596-95029-4, 303 Seiten,) gibt es dort jetzt auch den Kurzroman DIE
ZEITMASCHINE (ISBN 978-3-596-95030-0, 237 Seiten), beide Bücher in
Neuübersetzungen von Hans-Ulrich Möhring.
Damit die LeserInnen auch einen intellektuellen Mehrwert aus diesen wunderschönen,
gebundenen Klassiker-Editionen ziehen können, wurde der Wells-Fachmann Elmar Schenkel dafür gewonnen, jeweils
ein kenntnisreiches Nachwort beizusteuern. Außerdem enthält der KRIEG DER
WELTEN-Band noch drei Kurzgeschichten, die Wells als Meistererzähler ausweisen,
und der Anhang zur ZEITMASCHINE umfasst gleich sieben assoziierte Texte,
darunter eine gestrichene Episode aus der frühesten Fassung, die bisher nicht
auf Deutsch vorlag.
Die
preiswerteste Neuausgabe erschien in München bei dtv. Dort ließ man Lutz-W. Wolff DIE ZEITMASCHINE (ISBN
978-3-423-14546-6, 191 Seiten) neu übersetzen und mit einem Nachwort, einer
Zeittafel und einigen sehr interessanten Anmerkungen versehen. Zum schnellen
Kennenlernen extrem gut geeignet.
Viermal
alten/neuen H. G. Wells, viermal die Qual der Wahl, viermal „da kannst de nix
falsch machen“. Mit diesen Titeln könnte ein neuer „Wells-Frühling“ beginnen –
ob’s zu einer reichen Ernte wird, werden wir in den kommenden Monaten erleben.
„H. G. Wells ist
ein Gründungsvater der Science Fiction, der als Literat und Denker Weltgeltung
hatte. Er schrieb, ehe es noch den Terminus Science Fiction gab, im Zeitraum
von 1895 bis 1914 Werke, die das ganze Genre prägten und die bis heute
unübertroffen sind. […] Wells war ein Autor der Ideen, seine Figuren sind
Repräsentanten der Menschheit […] Seine Helden sind […] keine Bewohner einer
ungewohnten Zukunft, sondern Menschen seiner Zeit, die mit fremdartigen Örtlichkeiten
und Wesen konfrontiert werden.“
Franz Rottensteiner – „Kurze Geschichte der anglo-amerikanischen Science Fiction und Fantasy“;
in: Christoph
F. Lorenz (Hrsg.) – LEXIKON DER SCIENCE FICTION-LITERATUR SEIT 1900