TEMPORAMORES - Newsletter # 284 - 10.6.2018




KURZMELDUNGEN

Langsam aber stetig wächst die Zahl der Bücher von H. G. Wells, die Joachim Körber in seiner Edition Phantasia als deutsche Erstausgaben herausgibt. Soeben ist mit DIE BRÜDER (ISBN 978-3-947122-00-4, 171 Seiten, Hardcover) ein politischer Roman aus dem Jahr 1938 erschienen, in dem Wells sich auf ernsthafte und überhaupt nicht phantastische Weise mit dem spanischen Bürgerkrieg beschäftigt und das Unvermögen der Politiker und Militärs anprangert, eine Chance zum Frieden zu erkennen bzw. zu nutzen. Wie die Ereignisse der letzten Monate zeigen, ist der Text leider immer noch recht aktuell. Einband und Illustrationen stammen von der Künstlerin Alexandra F. Projekt wort:rausch, das Nachwort schrieb Horst Illmer.

Es gibt ja für einen Büchernarren nichts Schöneres als mit einem anderen Büchernarren über Bücher zu plaudern, Doch gleich danach kommt die Lektüre von Büchern, geschrieben von  Büchernärrinnen, handelnd von Büchern und Büchernärrinnen. Darum muss an dieser Stelle auf das neue Buch von Ex-FAZ-Literaturkritikerin und Jetzt-Piper-Verlags-Chefin Felicitas von Lovenberg hingewiesen werden, das den schönen Titel GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN (Piper, ISBN 978-3-492-27717-4) trägt. Das kleinformatige Leinenbändchen enthält auf knapp 130 Seiten so viel Liebens- und Lesenswertes über alles, was mit dem Lesen, mit Lesern, mit Sammlern, mit Büchern, Buchhandlungen und Bibliotheken zu tun hat, dass man einfach nur staunen kann. Wer jetzt denkt, da kann es doch nicht viel Neues geben, das kennt man doch alles schon, dem entgegne ich mit einer meiner Lieblingsstellen: „Ein Buch übers Lesen, das wäre mir bis vor Kurzem ähnlich überflüssig erschienen wie ein Sandkasten in der Sahara.“ (S.10). Lovenberg hat mit ihrer GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN eine überzeugende „Kampfschrift“ für das Buch und für den Erwerb, Erhalt und Gebrauch der Lesefertigkeit geliefert – eine Liebeserklärung an die Literatur, der ich mich gerne anschließe.

Und weil wir gerade dabei sind, hier gleich noch ein Gedichtband: ENDZONE – LETZTE GEDICHTE (Mitteldeutscher Verlag, ISBN 978-3-95462-987-9, 220 Seiten) von Tom Disch. Und wer jetzt fragt, wer das denn sei, der gehe in sich und erinnere sich an die herausragenden Romane von Thomas M. Disch, allen voran CAMP CONCENTRATION von 1968, schäme sich dafür, seit Jahren nicht mehr an den 2008 Verstorbenen gedacht zu haben, und nehme dankbar dieses wunderschöne Erinnerungsbuch zur Hand, das neben den Originaltexten die von Christopher Ecker übersetzten Gedichte enthält, dazu ein Vorwort von John Crowley und ein Nachwort von Dietmar Dath. Von Ecker stammen zudem hilfreiche Anmerkungen ein umfangreicher biografischer Essay und ein Bildteil mit einer Reihe von interessanten Fotos.



ZITATE

„Zwischen 2013 und 2017 haben 6,4 Millionen Deutsche, die zuvor regelmäßig lasen, nicht mehr ein einziges Buch erworben. Das entspricht einem Rückgang von fast achtzehn Prozent.“

Sandra Kegel – „Leser auf der Flucht“ (FAZ, 8. Juni 2018, S. 9)

„Mehr denn je brauchen wir die Bücher, und die Bücher brauchen uns.“

Felicitas von Lovenberg – GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN (S. 117)



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