TEMPORAMORES - Newsletter # 286 - 10.7.2018




KURZMELDUNGEN

Jahrelang nur Weltuntergang und dann das. Gleich zwei positive Zukunftsentwürfe präsentiert der Heyne Verlag in seinen Neuerscheinungen der letzten Wochen. Da ist zum einen ein oranger Ziegelstein mit dem Symbol eines brennenden Hauses auf dem Deckel. Das ist WALKAWAY (okay, wir sind bei Heyne, da kann man ja noch froh sein, dass sie den Originaltitel verwenden und nicht irgendeinen anderen englischen Begriff als deutschen Titel „gefunden“ haben), der neue utopische Roman von Cory Doctorow (ISBN 978-3-453-31793-2, 736 großzügig bedruckte Seiten, Klappenbroschur). Darin beschreibt unser liebster amerikanischer Anarchist eine hochmoderne Zukunftsgesellschaft, in der sich immer mehr Menschen ihre Freiheit einfach „nehmen“. Spannend!

Der fleißige Kim Stanley Robinson kennt vermutlich seine Pappenheimer und nennt seinen neuen Roman gleich NEW YORK 2140 (ISBN 978-3-453-31900-4, 811 Seiten – und trotzdem 5 mm schmaler als WALKAWAY!), da kann man sogar bei Heyne nix mehr falsch machen. Zum Glück hat man auf Manhattan ja ziemlich hohe Häuser gebaut, weshalb dort ein steigender Meeresspiegel auch nicht ganz so schlimm ist wie auf so mancher Südseeinsel. Trotzdem sehen sich die Bewohner des Big Apple gezwungen, in 120 Jahren nach neuen Wegen Ausschau zu halten. Wie immer bei Robinson gut fundierte Hard-SF, die Spaß macht.

Neuer Verlag (p.machinery), neuer Mitherausgeber (Michael Haitel), neues Redaktionsteam (u. a. Thomas Sieber), neue Gestaltung: die Ausgabe 26 des seit mehr als fünfzehn Jahren erscheinenden SF-Magazins NOVA (ISBN 978-3-95765-136-5, 210 Seiten) wird ihrem Namen mehr als gerecht. Konstant geblieben sind Michael K. Iwoleit als Herausgeber und der Anspruch, gehaltvolle deutsche Science-Fiction-Geschichten zu präsentieren. Diesmal sind es acht an der Zahl (u. a. von Nobert Stöbbe, Bernhard Kempen und Iwoleit selbst), dazu kommt ein erweiterter Sekundärteil, und ja, ich mach da jetzt auch mit. Schaut einfach mal rein!

Er ist immer noch das Wunderkind der nordamerikanischen Comic-Szene. Vor gerade mal zehn Jahren erschien der erste Band der ESSEX COUNTY-Trilogie des 1976 in Kanada geborenen Jeff Lemire. Danach ging es Schlag auf Schlag: DC/Vertigo und Marvel engagierten ihn für diverse ihrer Serien, in Eigenregie schrieb er den SF-Comic DESCENDER und soeben erschienen bei Splitter die beiden ersten Bände seines mit einem Eisner Award ausgezeichneten Comics BLACK HAMMER als Hardcover. Gemeinsam mit Zeichner Dean Ormston und Colorist Dave Stewart verwirklicht Lemire hier seinen Kindheitstraum einer eigenen Super­helden-Serie. Die Geschichte um ein Team gealterter Helden, die seit Jahren in einer Parallelwelt gestrandet sind und sich dort gegenseitig auf die Nerven gehen, besticht durch ein liebevoll ausgearbeitetes Setting und die unzähligen eingestreuten „Zitate“ aus den Abenteuern der von Lemire und Ormston verehrten Genre-Klassiker. Wer Comics liebt, liebt auch BLACK HAMMER!



ZITAT

„Ich bin nicht sicher, ob alte Frauen bereits erfunden wurden. Aber vielleicht ist es einen Versuch wert.“

Ursula K. Le Guin – „Ich stelle mich vor“; in: Iwoleit/Haitel (Hrsg.) NOVA 26 (S. 202)



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