TEMPORAMORES - Newsletter # 337 - 8.3.2021




KURZMELDUNGEN

Der Internationale Frauentag, der laut Wikipedia nunmehr seit 100 Jahren am 8. März gefeiert wird, ist ein willkommener Anlass, aus dem Riesenstapel, der links neben mir sein Haupt neigt, drei Bücher, die von Frauen geschrieben wurden, zu nehmen und vorzustellen.

    Beginnen wir mit Monika Niehaus, die unerschrocken seit vielen Jahren allen Klischees den Kampf angesagt hat und erfolgreich als deutsche Frau im Bereich der Phantastik mit lustigen Kurzgeschichten ihr Publikum begeistert. Bei p.machinery ist soeben der Band GESCHICHTEN AUS DONNAS KASCHEMME erschienen, eine Sammlung „fantastischer Storys vom Rande der Milchstraße“, mit denen Niehaus eine altehrwürdige Tradition fortführt und die guterzählte Lügengeschichte a la Baron Münchhausen mit den zeitgemäßen Mitteln der Science Fiction zur erneuten Blüte bringt. Mit Humor, Können, Ausdauer und der Fähigkeit zur Konzentration schuf Niehaus auf 200 Seiten mit annähernd 40 Geschichten aus über 20 Jahren einen unterhaltsamen Mikrokosmos, in dem frau/man sich schon nach den ersten Seiten zuhause fühlt. Unterstützt wird sie dabei von zwei Männern: Rainer Schorm hat den Umschlag und die Farbillustrationen gemalt und Jörg Weigand hat ein Nachwort für seine oberrheinische Kollegin geschrieben.

    Was chinesische Science Fiction ist, konnten wir in den letzten Jahren zur Genüge erfahren, umso gespannter war ich auf DER WALD DER VERLORENEN SCHATTEN (Golkonda, 247 Seiten, Hardcover), einen Fantasy-Roman der Koranischen Autorin Danbi Eo. Wer wirklich exotische Bräuche, seltsamen Beweggründen folgende ProtagonistInnen und eine fremdartige Zivilisation kennen lernen will – und dazu die Mythen und Sagen Koreas – der kommt an diesem schmalen aber gehaltvollen Buch nicht vorbei. Am Ende ist es dann aber doch auch so, dass die Menschen in Korea die gleichen Probleme miteinander haben wie bei uns.

    Braucht es jetzt wirklich noch eine apokalyptische Geschichte, in der es darum geht, dass die Menschheit von einer Seuche dahingerafft wird? Bevor wir darauf antworten, wollen wir doch erst einmal klären, wovon die Rede ist. Im Reclam Verlag ist jetzt Irina Philippis Übersetzung von Mary Shelleys Roman DER LETZTE MENSCH erschienen. Ein Buch, das erstmals 1826, also vor fast zweihundert Jahren, das Licht der Welt erblickte. Ein Buch, das so verstörend auf seine Zeitgenossen wirkte, dass es jahrzehntelang keine Nachauflagen gab. Ein SF-Roman, der auch in Deutschland erst Anfang der 1980er Jahre erstmals (und dann nur gekürzt) veröffentlicht wurde. Ein Buch, das jetzt erst in der ihm gemäßen Form vorliegt: gut und komplett übersetzt, ausführlich kommentiert und mit einem engagierten Nachwort von Dietmar Dath. Somit kann die Eingangsfrage also beantwortet werden. Es braucht sicherlich keine weiteren x-beliebigen Katastrophenromane – aber dieses literarische Meisterwerk in einer exquisiten Ausgabe in die Hand nehmen zu können: das brauchte es schon.



ZITAT

„Ich meine dein Gesicht, während du die fallenden Sterne betrachtet hast. Das werde ich niemals vergessen können. Du hast heller geleuchtet als alle Sterne.“

Danbi Eo DER WALD DER VERLORENEN SCHATTEN (S. 184)



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