TEMPORAMORES - Newsletter # 347 - 3.10.2021




KURZMELDUNGEN

Es ist schon, um den Ausdruck „eine Ohrfeige für die Konkurrenz“ zu vermeiden, eine starke Demonstration seiner Fähigkeiten als Poet, Komponist, Songschreiber und Musiker, die uns Bob Dylan mit SPRINGTIME IN NEW YORK (Columbia Records), der nunmehr 16. Folge seiner „Bootleg Series“, miterleben lässt. Als Alleinstellungsmerkmal eines Genies hätten ja seine offiziellen fünfzig Alben ausgereicht, die er seit 1962 veröffentlicht hat. Aber in den fünfzig CDs mit Outtakes, Varianten und Live-Stücken (also mit Material, das ihm erst mal als unzureichend für eine Veröffentlichung schien), die er in den letzten dreißig Jahren „nebenbei“ in den Luxus-Ausgaben der „Bootlegs“ auf den Markt brachte, steckt so viel tolle Musik, dass damit mehr als ein Dutzend andere Musiker-Karrieren möglich gewesen wären. Die aktuelle Ausgabe umfasst den Zeitraum 1980 bis 1985, der von Kritikern gerne als „vergeudet“ angesehen wird, aber jede einzelne der fünf hier enthaltenen CDs hätte eine Veröffentlichung als eigenständiges Album gut verkraftet. Dylan bringt nicht nur alternative Versionen von Altbekanntem zu Gehör, sondern legt auch gleich eine ganze Reihe von bisher unveröffentlichten Songs vor, die, nicht zuletzt wegen der herausragenden Begleitmusiker (u. a. Mark Knopfler, Mick Taylor, Ron Wood, Ringo Starr und als Rhythm-Section Robbie Shakespeare & Sly Dunbar) sofort Klassiker-Potenzial entwickeln. Und wie nebenbei zeigt der Meister, dass er durchaus in der Lage ist, andere Musiker anzuerkennen und dies mittels Cover-Versionen ihrer Lieder auch kundzutun. Musik gegen Herbst-Depressionen.

Die Amerikanerin Kameron Hurley ist mir vor allem wegen ihrer vorzüglichen Essays bekannt, die regelmäßig im LOCUS-Magazin erscheinen. Hierzulande ist sie noch ein völlig unbeschriebenes Blatt, weshalb ich mir ihren ersten Roman DER STERNE ZAHL (Panini, ISBN 978-3-8332-4104-8, 400 Seiten, Klappenbroschur) einfach mal mitgenommen habe. Knallharte Space Opera ohne Männer: das klingt interessant. Mal sehen, ob hier das Niveau von Ann Leckie erreicht wird? Die Widmung auf der ersten Seite lautet jedenfalls: „Für all die brutalen Frauen“!

Wer sich 2017 den Band H. P. LOVECRAFT – DAS WERK gekauft hat, braucht jetzt auch H. P. LOVECRAFT – DAS WERK II (TOR, ISBN 978-3-596-70046-2). Erneut herausgegeben und kommentiert von Leslie S. Klinger. Ärgerlich: Halb so dick, gleicher Preis!



ZITAT

„Als ich 2012 zum ersten Mal die Idee für diesen Roman hatte, wusste ich, dass es schwer werden würde, ihn an den Mann zu bringen. Was, du willst ein Weltraumopus nur für Frauen schreiben? Wie Science-Fiction, nur ohne Männer drin? Nicht einmal eine Erwähnung von Männern? […] Meine Schriftstellerkarriere fühlt sich nach wie vor so an, als würde ich mich mit einer Taschenlampe in der einen und einem Schwert in der anderen Hand durch Armeen von mutierten Ratten kämpfen, während ich mich durch ein Labyrinth bewege, das darauf angelegt ist, meinen Willen zum Weitermachen zu brechen. Aber bisher war ich in der Lage, genau die Geschichten zu erzählen, die ich wollte, auf genau die Art und Weise, die ich wollte, und das bereitet mir große Freude.“

Kameron Hurley DER STERNE ZAHL (S. 394 f.)



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