Herbert
W. Franke ist im Alter von 95 Jahren gestorben!
Wie jetzt? War das nicht erst gestern, dass ich ihm in
der EXODUS zu seinem 90. Geburtstag
gratuliert habe – und kurz vorher in der phantastisch!
die Frage stellte: „Was macht eigentlich … Herbert W. Franke?“ So war es
eigentlich immer mit diesem Wiener Tausendsassa – wenn man ihn irgendwo
dingfest machen wollte, war er schon wieder weiter. Rastlos verfolgte er mehr
als ein halbes Dutzend Karrieren, von denen jede Einzelne für einen
„Normalmenschen“ ausgereicht hätte. Egal ob als Schriftsteller, Herausgeber,
Dichter, Dramatiker, Höhlenforscher, Computer-Künstler, Philosoph, Philologe,
Futurologe, immer gab er sein Bestes und immer stellte er sein Publikum
zufrieden. Experimentierfreudig, innovativ, unabhängig – all dies traf auf
Herbert W. Franke zu wie auf kaum einen anderen deutschsprachigen Künstler, der
sich in die vermeintlichen Niederungen der Genreliteratur begeben hat.
Unbedingt hinzufügen muss ich an dieser Stelle noch ein „großzügig“! In den
Genuss dieser Großzügigkeit kamen 1980 eine Handvoll junger
Science-Fiction-Fans aus Würzburg, die, ohne große Ahnung und eigentlich recht
naiv und respektlos, den arrivierten Professor Doktor Franke anschrieben, ob er
nicht „irgendwas“ hätte, das sie in ihrem, noch in Planung befindlichen, neuen
„Magazin für Science-Fiction“ veröffentlichen könnten? Unfassbar freundlich und
eben auch großzügig stellte Herbert W. Franke uns das Drehbuch für sein soeben
fertiggestelltes Fernsehspiel „Die Stimmen der Sylphiden“ (Produziert vom ZDF)
zur Verfügung, das dann auch das Herzstück des ersten COSMONAUT wurde. (Für meine Illustrationen wage ich mich bis heute
nicht zu entschuldigen – ich war jung und wollte den Ruhm.) Als „Bezahlung“
(natürlich hatte Franke von uns keinerlei Entlohnung verlangt) sandten wir ihm
damals zwei „Bocksbeutel“ – und unseren tief empfundenen Dank.
Prof. Dr. phil. Herbert W. Franke wurde am 14. Mai 1927
in Wien geboren. An der dortigen Universität studierte er Physik, Mathematik,
Chemie, Psychologie und Philosophie. 1950 Dissertation zum Doktor der
Philosophie. Von 1973 bis 1997 hatte er einem Lehrauftrag für »Kybernetische
Ästhetik und Computerkunst« an der Universität München. Weitere Lehraufträge u.
a. für Computergrafik an der Akademie der Bildenden Künste München und für eine
»Einführung in die Science-Fiction-Literatur« an der Hochschule für Gestaltung
in Bielefeld. 1979 war er Mitbegründer des ARS ELECTRONICA-Festivals in Linz,
Österreich. 1980 wurde Herbert W. Franke zum Mitglied des deutschen PEN-Clubs
gewählt; im selben Jahr wurde ihm der Berufstitel Professor verliehen. Seit
1957 veröffentlichte Franke Sachbücher und erzählende Texte, darunter etwa 20
SF-Romane, mehrere Story-Sammlungen und Dutzende Anthologien. Er war jahrelang
für die SF-Programme der Verlage Goldmann und Heyne verantwortlich, gab bei
Ullstein 1984 die Reihe „Ozeanische Bibliothek“ heraus, und erhielt für sein
Schaffen mehrfach den Deutschen Science Fiction Preis und den Kurd Laßwitz
Preis. Seit 2015 sind in der von p.machinery veranstalteten Herbert W.
Franke-Werkausgabe bereits 18 Bände erschienen.
Am 16. Juli 2022 informierte
seine Frau Susanne Päch die Öffentlichkeit über das Ableben ihres „geliebten
Dinosauriers“ (Päch).
Horst Illmer