Dass der gute P. Craig
Russell bei uns vor allem als Zeichner und Illustrator von Neil Gaimans Büchern und Comics bekannt
ist, gehört zu den Ungerechtigkeiten unserer Scheuklappenwelt. Sieht man sich
Russells Gesamtwerk einmal näher an, so entdeckt man dort z. B. einen Zyklus
mit Adaptionen der Märchen Oscar Wildes
und eine ganze Reihe von Interpretationen großer europäischer Opern. Dazu
gehört auch das 2000 bis 2001 gezeichnete Monumentalwerk DER RING DES
NIBELUNGEN, das anhand von Richard
Wagners Libretto den kompletten vierteiligen RING-Zyklus enthält. Die
ursprüngliche Heftchenserie ist jetzt endlich bei cross cult als 450
Seiten-Hardcover (ISBN 978-3-96658-943-7) in der Übersetzung von Stephanie Pannen erschienen. Russells
teils plakative, teils detailgenaue Bilder entsprechen in ihrer fröhlichen
Farbigkeit zwar nicht unbedingt Wagners Vorgaben, aber dieser Comic war ja auch
weniger für ein konservatives Opernpublikum gedacht, sondern für amerikanische
Leser, die an einer Heranführung an dieses schwierige Werk Interesse hatten. Das
zumindest gelingt Russell auf sehr überzeugende Weise.
Einen „Helden“ von sehr spezieller Art präsentieren die
französischen Künstler Wilfrid Lupano
(Text) und Léonard Chemineau
(Bilder) in ihrer Graphic Novel DAS BUCHMAULTIER VON CORDOBA (Splitter, ISBN
978-3-96792-396-4, 264 S.), in dem sie auf äußerst humorvolle Weise
beschreiben, wie ein Lastenmaultier eine zusammengewürfelte Gruppe mehr oder
weniger zufälliger Bücher-Retter dabei unterstützt, zumindest einige wenige
Exemplare aus der riesigen Bibliothek des Kalifen von Cordoba vor dem
Scheiterhaufen in Sicherheit zu bringen. Der durchaus ernste Hintergrund dieser
vergnüglichen Erzählung wird im Anhang erklärt, seine Kenntnis ist jedoch nicht
Voraussetzung zum Genuss des Ganzen.
Einem sehr überraschenden Thema widmet sich das neueste Buch von Andreas Eschbach: DER SCHLAUESTE MANN
DER WELT (Lübbe, ISBN 978-3-7857-2849-9) erzählt auf 220 Seiten das „Lob der
Faulheit“. Bei einem so fleißigen Autor wie Eschbach (40 Bücher in nicht einmal
30 Jahren) erstaunt das dann schon – aber unter Umständen ist man nach der
kurzweiligen Lektüre ja eher geneigt, dem „schlauesten Mann der Welt“
zuzustimmen.
Ein ernstes Thema auf gänzlich unerwartete Weise anzugehen, ist
immer auch mit der Gefahr des Scheiterns verbunden, trotzdem möchte ich auf VOM
BUFFET DER GUTEN LAUNE NEHM ICH DIE SAUREN GURKEN (Lappan, ISBN
978-3-8303-3643-3) hinweisen, einem Buch, das „komische Kunst über Depression“
beinhaltet und dazu gedacht ist, „einer ernsthaften Krankheit ein Stück
Bedrohlichkeit“ zu nehmen. 31 Künstler*innen kommentieren auf 120 Seiten in
Wort und Bild auch ihre persönlichen Erfahrungen. Honorare und Gewinne aus
diesem Projekt gehen an Hilfseinrichtungen. Lachen und Helfen gleichzeitig –
Depression ist schon komisch.
„Gut, dass Du so offen über Deine Depressionen
geredet hast, sonst wäre der Abend nicht so lustig geworden.“
Til Mette, in: VOM BUFFET DER GUTEN LAUNE NEHM ICH DIE
SAUREN GURKEN (S. 27)