Am
17. März 2005 verstarb die amerikanische SF- und Fantasy-Autorin Andre
Norton im Alter von 93 Jahren an den Folgen einer Herzerkrankung. Die als Alice Mary Norton am 17. Februar 1912 in Cleveland, Ohio, geborene
Schriftstellerin gehörte zum Urgestein der amerikanischen
Unterhaltungsliteratur. Ungezählte SF-Enthusiasten gelangten in den 50er und
60er Jahren über ihre spannenden und gutgeschriebenen Jugendbücher zur
phantastischen Literatur. Vor allem für viele weibliche Fans wurde sie das
anregende Vorbild für eigene Schreibversuche. Ihre liebenswerte, ruhige und
immer hilfsbereite Art sicherte ihr bei Freunden und Kollegen ein hohes Ansehen.
Auch wenn es in den letzten Jahren etwas ruhiger um sie geworden war, schrieb
sie doch an einigen ihrer Serien weiter – und mit THREE HANDS FOR SCORPIO
erscheint demnächst ein neuer, serienunabhängiger Fantasy-Roman in den USA.
Norton
begann ihre Schriftstellerlaufbahn 1934 mit einem historischen Roman, arbeitete
von 1950 bis 1958 als Herausgeberin und Lektorin für Martin Greenbergs Gnome
Press (ein auf SF-Bücher spezialisierter Kleinverlag) und schrieb 1952 mit STAR
MAN’S SON 2250 AD ihren ersten Science-Fiction-Roman. Seither sind über 100
Bücher von ihr erschienen, davon gehört der überwiegende Teil zur Fantasy oder
SF. Daneben bediente sie jedoch auch fast alle anderen Genres der Abenteuer-
und Spannungsliteratur. Obwohl sie über einen großen und treuen Fankreis
verfügte, wurde sie von der Kritik lange Jahre in die Sparte
»Kinderbuchautorin« abgeschoben. Erst in den 70er Jahren begann man ihre
Bedeutung zu erkennen und verlieh ihr nacheinander den »Grand Master of
Fantasy«, den »Gandalf Award« und schließlich als erster Frau 1984 den »Grand
Master Award« der Science Fiction Writers of America (SFWA).
In
Deutschland startete ihre Karriere 1956 mit dem Utopia Großband 41
WELTRAUM-RANGER GREIFEN EIN und mit dem (unter ihrem Pseudonym Andrew North
veröffentlichten) Leihbuch DIE RAUMSCHIFF-FALLE. 1958 kam es zu einer
tragisch-komischen Verwechslung: Ihr Roman CROSSROADS OF TIME erschien in der
Heftchenreihe »Abenteuer im Weltraum« unter dem Titel AM KREUZWEG DER ZEIT –
aber unter dem Autorennamen Philip K. Dick! Dieser Irrtum wurde auch beim
Nachdruck in der Reihe »Terra Extra« 1966 nicht berichtigt; erst die
Taschenbuchausgabe von 1976 hat die richtige Verfasserin auf dem Deckel stehen.
In den Folgejahren sind dann auch bei uns über 50 Romane von Andre Norton
erschienen, zuerst überwiegend in Heftchenreihen, später dann ihre »Witch
World«-Serie als »Terra-Fantasy«-Taschenbücher. Mitte der 80er Jahre gab es im
Moewig Verlag sogar eine eigene, elf Bände umfassende »Andre Norton
Taschenbuch«-Reihe. Zuletzt sind im Heyne Verlag ihre, in Zusammenarbeit mit
Marion Zimmer Bradley und anderen entstandenen, »Ruwenda«-Bücher neu aufgelegt
worden.
Mit
Andre Norton verliert die SF-Gemeinde eine ihrer profiliertesten, beliebtesten
und mit am längsten schreibenden Autorinnen.