TEMPORAMORES - Newsletter # 77 - 27.5.2005




BREAKING NEWS / WICHTIGE MELDUNG

Eine wahrhaft bemerkenswerte Neuerscheinung ist zu vermelden: Der in Oberhaid (Oberfranken) ansässige neue Spezialverlag Utopica (www.utopica.de) hat als Band 1 seiner Reihe „Materialien und Untersuchungen zur Utopie und Phantastik“ ein LEXIKON DER DEUTSCHEN SCIENCE FICTION UND FANTASY 1870–1918 (ISBN 3-938083-01-8, DIN A 5, Pappband) veröffentlicht. Verfasser ist der bekannte Kurzgeschichtenautor und Literaturforscher Nessun Saprà, dessen Storys und Artikel in diversen Magazinen (z. B. phantastisch!) und im Internet erscheinen.

Anders als bei den (wenigen) vergleichbaren Vorläufern setzt der Autor im LEXIKON DER DEUTSCHEN SCIENCE FICTION UND FANTASY 1870–1918 bewusst sehr enge Grenzen für sein Nachschlagewerk. Es wurde (ganz pragmatisch) ein vergleichsweise kleiner Zeitraum von nicht einmal 50 Jahren gewählt, zudem sind nur deutschsprachige Autoren und Werke verzeichnet. Dafür löst sich Saprà aber von der bisher üblichen Beschränkung auf längere Prosawerke.

Dieses Lexikon befasst sich auf seinen 314 Seiten ausführlich nicht nur mit den „üblichen Verdächtigen“ (Laßwitz, Grunert, Dominik) und ihren großen Romanen, sondern auch mit bildenden Künstlern (Fidus, Heinrich Vogeler), Filmschauspielern (Harry Piel), Liedertextern (Otto Reutter), Dichtern (Morgenstern) und Verlegern (Münchmeyer, Georg Müller). Ebenso weitgefasst sind die untersuchten Texte: Theaterstücke, Lieder, Gedichte, Kurzgeschichten, Novellen, Anthologien – einfach jede Form der literarischen Beschäftigung mit der Fantasy und Science Fiction wurde berücksichtigt.

Durch diese programmatische Herangehensweise machte es sich der Autor natürlich selbst schwer, da es praktisch keine verwendbaren Vorarbeiten gab. So musste der Großteil der Primärliteratur selbst eingesehen und akribisch bibliographiert werden. Wie das über 30 Seiten lange Verzeichnis der Sekundärliteratur belegt, gingen die „Grabungsarbeiten“ dabei teilweise weit über das Erwartbare hinaus. Den Leser und Benutzer freut’s, kann er sich hier doch auf ein Werk stützen, dessen inhaltliche Qualität sehr hohe Maßstäbe für eventuelle Nachfolger setzt.

Neben den etwa 400 Personaleinträgen finden sich Besprechungen von nahezu 800 Werken. Dazu kommt eine umfangreiche Aufarbeitung der anonymen und pseudonymen Titel, die oftmals ihren „realen“ Verfassern zugeordnet werden konnten. Vielfältige Verweise sichern den raschen Zugriff auf die Artikel, die, alphabetisch nach Realnamen sortiert, folgende Gliederung haben:

Name, biographische Daten, Bemerkungen zu Leben und Werk, Bibliographie der einschlägigen Veröffentlichungen (Erstausgaben, Vorabdrucke und aktuelle Nachauflagen), Verzeichnis der Sekundärliteratur zu Autor und Werk und anschließende Besprechung der herausragenden Einzelveröffentlichungen.

Mit dem LEXIKON DER DEUTSCHEN SCIENCE FICTION UND FANTASY 1870–1918 hat Nessun Saprà einen echten „Kracher“ veröffentlicht, der in keiner ernstzunehmenden Handbibliothek fehlen darf. Hoffentlich erfährt das Buch die verdiente Aufmerksamkeit und den nötigen ökonomischen Erfolg, damit weitere Bände erscheinen können. Zu forschen gibt es in der Geschichte der Science Fiction jedenfalls noch genug!


ZITAT

„Und ist das Buch auch noch so klein, / So paßt doch noch ein Fehler rein.“ (Gerd Haffmans’ Merkvers für frustrierte Autoren. Zitiert nach: Harry Rowohlt – DER KAMPF GEHT WEITER! Kein & Aber, 2005, S. 421, wo derselbe denselben auch für die Verwendung im englischsprachigen Schriftverkehr in eben jene Sprache hinübersetzt: „Books, how ever thin and small – / One typo more fits in ’em all.“

(Natürlich ohne jeden Bezug auf das oben vorgestellte Werk)




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