Fast zwei Jahre nach ILIUM erscheint jetzt mit OLYMPOS (Heyne-TB 52123) die sehnlichst erwartete Fortsetzung von Dan Simmons’ großangelegter Bearbeitung der ILIAS von Homer. Auf fast eintausend Seiten erzählt Simmons die Geschichte von Dr. Thomas Hockenberry und seinen Gefährten Mahnmut (einem Maschinenwesen von Jupitermond Europa) und Odysseus (eben jener!) weiter und führt nicht nur die Belagerung Trojas sondern auch das Schicksal der menschlichen Rasse zu einer metaliterarisch begründeten Klimax. Die beiden Bücher bilden zusammen einen 1800-seitigen Großroman, den man in einem ersten Lektüredurchgang gar nicht vollständig erfassen kann. Zu vielfältig sind die literarischen Anspielungen und zu gewaltig die philosophischen Dimensionen, in denen Simmons schreibt. Trotzdem gelingt es dem Autor eine spannende Geschichte über seine Konstruktion zu legen, an deren Handlungsfaden man sich atemlos weiterhangelt. Ein Buch zum mehrmals genießen!
Glücklicherweise sind ja alle Schriftsteller Lügner, man durfte also noch hoffen, als Kurt Vonnegut vor einiger Zeit erklärte, kein weiteres Buch mehr schreiben zu wollen, da alles gesagt sei. Mit MANN OHNE LAND (Pendo Verlag, München) erscheint nun das neueste Werk des 83-jährigen in Deutschland (Übersetzt von Harry Rowohlt). Es handelt sich um eine Sammlung aphoristischer und essayistischer Texte des wohl bissigsten amerikanischen Satirikers der Gegenwart. In einer wohlwollenden Vorstellung des Buches im SPIEGEL (Nr. 6/2006) lässt Alexander Osang den Meister ausführlichen zu Wort kommen. Zwar handelt es sich hier nicht um Science Fiction, doch es wäre nicht Vonnegut, wenn er nicht auch mal schnell mit Kilgore Trout telefonieren würde, um dessen fachmännische Meinung einzuholen. Allemal ein Gewinn!
Der
Stuttgarter Verlag Klett-Cotta eröffnet die literarische Frühlingssaison mit
einem phantastischen Feuerwerk: Zuerst erscheint die überarbeitete Neuausgabe
von Daniel Keyes’ Meisterwerk BLUMEN
FÜR ALGERNON, einem psychologisch fundierten Entwicklungsroman, dessen
geistig zurückgebliebener Protagonist Charlie Gordon durch einen Eingriff im
Gehirn zu einem „Übermenschen“ wird, der seinen bevorstehenden Rückfall in die
Debilität von der Labormaus Algernon vorgeführt bekommt. Danach folgt mit DER
RITTER der erste Roman von Gene Wolfes zweibändigem Fanatasy-Meisterwerk
„Mythgarthr“ (ein unsinnig komplizierter Reihentitel, das originale „The Wizard
Knight“ ist da weit besser), in dem ein Junge in eine Alternativwelt
verschlagen wird, in der sich die klassischen nordischen und griechischen
Mythen vermischen. Ende März wird dann HUGUENINS FRAU von M. P. Shiel veröffentlicht.
Eine Sammlung von sechs phantastischen Erzählungen, eingeleitet von Javier
Marias.
„Ich bin 83, ich ... hätte
mir gewünscht, in einem angemessenen Alter zu sterben“, sagt Vonnegut und
erklärt, dass er die Brown & Williamson Tobacco Corporation auf eine
Milliarde Dollar verklagen will, weil er immer noch nicht tot ist, obwohl sie
ihm das auf ihren Zigarettenpackungen versprochen habe.
(Kurt Vonnegut laut SPIEGEL,
Nr. 6/2006)